Stelen-Projekt

Anlass des Projekts

Seit vielen Jahren gestaltet die Initiative „Gegen das Vergessen“ rund um den 9. November, den Tag der Reichspogromnacht, Gedenkveranstaltungen, um an die ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger Westerstedes zu erinnern. Diese Menschen waren ein wichtiger Teil der Stadtgesellschaft – Nachbarn, Freunde, Geschäftspartner, Mitbürgerinnen und Mitbürger, deren Leben durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zerstört wurde.

Bis heute jedoch fehlen in Westerstede dauerhafte Zeichen des Gedenkens an den Orten, an denen sie einst lebten und wirkten. Während in vielen Städten sogenannte „Stolpersteine“ an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, wurde in Westerstede bewusst auf deren Verlegung verzichtet. Der Grund: Die Jüdische Gemeinde Oldenburg lehnt diese Form des Gedenkens ab, da die Namen der Opfer dort mit Füßen getreten werden könnten.

Aus diesem Grund orientiert sich das neue Projekt an dem Konzept der „Erinnerungszeichen gegen das Vergessen“, das bereits in Oldenburg erfolgreich umgesetzt wurde. Diese Form des Gedenkens schafft sichtbare Erinnerungsorte, ohne den Opfern symbolisch den nötigen Respekt zu nehmen – ein würdiges, respektvolles und bewusstes Erinnern mitten im Stadtbild.

Zielsetzungen

Das Projekt verfolgt mehrere zentrale Ziele:

  • Individuelle und sichtbare Erinnerung an die verfolgten und ermordeten jüdischen Bürgerinnen und Bürger Westerstedes
  • Stärkung der lokalen Erinnerungskultur und des Bewusstseins für die eigene Stadtgeschichte
  • Schaffung von Lernorten für Schulen, Jugendgruppen und interessierte Bürgerinnen und Bürger
  • Aktive Einbindung der Zivilgesellschaft in die Recherche, Gestaltung und Umsetzung
  • Historische Aufarbeitung der Jahre 1935 bis 1945 in Westerstede

Das Projekt möchte dazu beitragen, Geschichte lebendig und begreifbar zu machen – nicht als abstrakte Vergangenheit, sondern als Teil der eigenen Stadt, der eigenen Straßen und Nachbarschaften.

Projektbeschreibung

In einem mehrjährigen Prozess sollen acht Erinnerungszeichen an den ehemaligen Wohn- und Wirkungsstätten jüdischer Familien in Westerstede entstehen. Diese Zeichen werden in Form von Bronzetafeln auf Stelen aus Granit oder, wenn möglich, direkt an Hauswänden angebracht.

Jede dieser Tafeln wird biografische Informationen zu den betroffenen Personen enthalten – ihren Namen, Lebensdaten und kurze Hinweise auf ihr Schicksal. Wo mehrere Menschen oder Familien betroffen waren, werden die Erinnerungszeichen in einem Ensemble gestaltet, um die Zusammengehörigkeit sichtbar zu machen.

Die Umsetzung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit einem ortsansässigen Steinmetzbetrieb. Die Stelen werden nach und nach, über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren, installiert. Dieser zeitliche Rahmen ermöglicht es, die historischen Recherchen weiter zu vertiefen und die Bewohnerinnen und Bewohner Westerstedes aktiv einzubeziehen – durch Gespräche, Zeitzeugenarbeit, schulische Projekte und öffentliche Veranstaltungen.

Die Finanzierung des Projekts soll durch Spenden und öffentliche Mittel gesichert werden. Jeder Beitrag – ob finanziell, organisatorisch oder ideell – hilft, die Erinnerung an die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Westerstedes wachzuhalten und ihnen einen festen Platz im Stadtbild zurückzugeben.

Ein Zeichen für Menschlichkeit und Verantwortung

Das Projekt „Erinnerung auf Augenhöhe“ versteht sich als Einladung an alle, die Geschichte Westerstedes gemeinsam bewusst zu gestalten. Es soll zeigen: Erinnerung ist kein Blick zurück, sondern ein Auftrag für die Zukunft.

Denn das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist nicht nur eine Frage des historischen Interesses – es ist eine Frage von Respekt, Menschlichkeit und Verantwortung.